Jeder kennt ihn und jeder Single hasst ihn. Valentinstag. Meiner Meinung nach ist der Valentinstag schön, sobald du in einer Beziehung bist, bist du allerdings Single, ist dieser Tag nur eine leuchtende Reklametafel für dein Versagen bei der Liebe. In meinem speziellen Fall steht auf dieser riesigen Reklametafel: „Genau heute vor vielen Jahren hast du Phil auf ein Date gebeten und er hat dich – wie es jeder prophezeit hatte – zurückgewiesen, es allen erzählt und dich ein Jahr zur Lachnummer gemacht“.
Aber das wird sich in diesem Jahr ändern! Nicht bei mir, ich bleib wahrscheinlich auf ewig single. Aber es wird sich für alle anderen ändern, denn ich, „Stella, der dümmste Stern am Nachthimmel“ werde dem Date Doctor alle Ehre machen und sein Vermächtnis an meiner Schule fortführen! Spezifischer gesagt, werde ich es bei meiner besten Freundin durchführen. Nach jahrelanger Beobachtung konnte ich – wie ungefähr jeder andere, der sich im selben Raum befand – feststellen, dass sie ein Auge auf den stillen Jungen der Klasse geworfen hat. Und meine Mission ist es, sie jetzt zusammenzubringen. Dazu erstellte ich mir eine Checkliste:
Menschen zum Verkuppeln suchen √
zukünftiges Ehepaar manipulieren und zusammenbringen ⇒ Phase wird gestartet

Und genau wie es meine Liste sagt, wird die Phase zukünftiges Ehepaar manipulieren und zusammenbringen gestartet. Und zwar in genau diesem Moment.
„Hey, Milli, denk dran, wir haben jetzt in Raum 397“, sage ich zu meiner besten Freundin, die gerade auf ihrem Käsebrot kaut und genau weiß, dass es in zwei Minuten klingelt und sie es dann aufgegessen haben muss.
„Ich geh schon mal vor, komme einfach zum Raum, ja?“ Milli nickt und isst hastig ihr Brot weiter. Ich entferne mich von ihr und laufe zu Henry. Wie immer steht er alleine und schweigt vor sich hin. „Nur damit du‘s weißt, wir haben jetzt in Raum 397.“ Auch er nickt und knabbert an seiner Karotte. Ich gehe mit dieser Aktion zwar ein Risiko ein, unter anderem, weil es mein Plan ist, die beiden im besagten Raum einzusperren, aber wir haben jetzt auf alle Fälle eine Freistunde, weshalb niemand die beiden vermissen wird.
Es klingelt. Ich stehe inzwischen hinter einer Säule und warte wie eine Spinne auf die Fliegen in meinem Netz. Da kommen sie auch schon. Mit nur ein paar Schritten Abstand. Als sie die Tür schließen, hänge ich mich so unauffällig wie möglich an die Klinke. Nach einer Weile beginnt Mili das Gespräch und es ist das erste Mal seit Wochen, dass ich Henrys Stimme höre.

Tatsächlich ist das nur einer von vielen Versuchen die beiden einander näher zu bringen.
Zwei Tage später ist der Tag der Tage. Der Tag, an dem Männer einen triftigen Grund haben, ihrer Gefährtin mit PMS Schokolade zu schenken.
Wir haben Sport. Bisher verlief Phase zukünftiges Ehepaar manipulieren und zusammenbringen ganz gut. Die Raumnummer konnte ich nur noch ein weiteres Mal durchziehen, sonst hätten sie was gemerkt. Aber da Milli die Hausaufgaben immer vergisst und Henry nie und sie nebeneinander sitzen, kommt es oft zu folgender Konversation:
„Hey, Henry…“
Henrys Blick, der sagt: „Ich höre.“
„Hast du die Hausaufgaben, weil ich hab sie nicht und…“ Zu weiteren Worten kommt es nie. Milli lächelt dann immer freundlich und Henry legt schweigend sein Heft in die Mitte.
Und jetzt im Sportunterricht mache ich eine weitere gewagte Aktion. Henry kann nicht teilnehmen, denn er war krank und fehlte für drei Tage – was meiner Mission nicht wirklich guttat. Und da Millis Sportsachen zufälligerweise in den Duschen versteckt sind, kann sie auch nicht. Dementsprechend sitzen sie jetzt auf der Bank und sprechen, wenn auch nur mit knappen Antworten von Henrys Seite, über Fußball. Denn Jan hat Geburtstag und irgendjemand hat ihn auf die Idee gebracht, den Lieblingssport – und auch mit das einzige Gesprächsthema – von Henry zu spielen. Sie unterhalten sich ohne Pause und innerlich juble ich gerade.
Die Durchsage des Rosenverkaufs erklingt. Noch einmal blitzt die riesige Reklametafel vor meinem Auge auf. Aber in Henrys Gesichtsausdruck erkenne ich einen spontanen Einfall, der mich triumphieren lässt. Und ich frage mich, ob auch Milli aufgefallen ist, dass Henry plant, ihr eine Rose zum Valentinstag zu schenken.